Das Festival der Politik – Boom!

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Das Festival der Politik – Boom!

Kiezkultur

In keiner anderen Stadt in Deutschland ist Politik so gegenwärtig im Alltag spürbar wie in Berlin. Egal wo Du unterwegs bist, fühlst Du, dass politisch immer etwas im Gange ist und Menschen eine Position vertreten, die sie auf verschiedenste Weise kundtun. Es sind die zahlreichen Demos, die große Bandbreite an verschiedensten Aktivistengruppen, street art vom Allerfeinsten, hashtags zu wirklich jedem Thema, Statement-Plakate oder einfach nächtliches Politik-Gegröle – auf jeden Fall, hier passiert politisch etwas.

Als ich dann an einem Plakat mit der Einladung zur Erhaltung der Kiezkultur vorbeimarschiert bin, dachte ich, dass ich da unbedingt mitwirken will und Teil dieser Bewegung werden sollte. Sowieso, alle machen irgendwie was und sind aktiv, nur ich guck mir die Bilder im Fernsehen an und krieg den Arsch nicht hoch. Dass fest verankerte Kiezkultur, die sich über Jahre etabliert hat und diese Stadt auf ihre ganz eigene Weise formt und prägt bleiben darf, klingt plausibel und richtig für mich.

Also bin ich einer Einladung Anfang August in Neukölln gefolgt und war hochmotiviert mich dafür einzusetzen, dass lokale Kiezkultur bleiben darf um die echte Berliner Identität zu bewahren.  Als ich den schwarz vermummten Auftakt der Demo mit den schwarzen Regenschirmen gesehen habe, wusste ich aber sofort, dass ich mit meiner bunten Blumenhose nicht dazu gehöre. Wenn die ersten Flaschen oder Feuerwerkskörper fliegen, kann ich auch keine kaputte Brille oder brennendes Haar riskieren. Die Zeit, die ich später beim Optiker oder Frisör verbringe um Brille und Haare reparieren zu lassen ist mir als Mama einfach zu kostbar.

Und dennoch. Rigastraße 94, Liebigstraße 34, das Syndikat, Motse usw. mag man finden wie man will. Und ja, drangsalierte Hausverwalter und Anwälte, brennende Autos usw. geht auch nicht und ja, es gibt Gesetze und eine demokratische Grundordnung. Und der Inder am Rande der Demo hatte vielleicht recht, wenn er meinte, dass aus Business Perspektive abgelaufene Mietverträge nun mal eine klare Sache seien. Aber seien wir mal ehrlich, all diese Orte sind ein Teil von Berlin, die dieser Stadt einen authentisch geilen Charakter verleihen. Dass Touristen mittlerweile in diese Straßen pilgern sagt doch eigentlich schon alles.

Rein logisch betrachtet können viele Gegner erklären warum diese Orte nicht bleiben sollten. Ich fühle nur, dass sie es sollten. Liebe Berliner, es tut mir leid, dass ich bei der Demo nicht mitgelaufen bin. Ich habe mich schlichtweg ausgeschlossen gefühlt. Das einzige was ich für euch tun kann, ist zu hoffen, dass die große Mehrheit das folgende Zitat von Nietzsche versteht:

„Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“